Agrarpaket – geplante Demos am 22.10.19

16.10.19 Was für eine aufgewühlte Zeit: Agrarpaket, rote Gebiete, der Widerspruch zwischen Markt und Wünschen. Eine so orientierungs- und perspektivlose Stimmung haben wir in der Landwirtschaft schon lange nicht mehr erlebt. Fortlaufende Anfeindungen, kaum tragbare Lösungsvorschläge und sich widersprechende Regelungen.  Wir wollen mit ein paar Informationen versuchen, die Lage etwas durchsichtiger zu machen:

Das Agrarpaket

Die Ministerinnen Schulze und Klöckner haben am 4. September 2019 als Kabinettsbeschluss das Agrarpaket initiiert – dieses sieht folgende Regelungen vor:

 

Natura 2000 GÖ

Schon ab 2021 soll die Anwendung von Herbiziden und biodiversitätsschädigenden Insektiziden  (das sind voraussichtlich alle) in Schutzgebieten verboten werden. Zu diesen Gebieten gehören u. a. FFH-Gebiete, Naturschutzgebiete, Nationalparks und Vogelschutzgebiete.

Im Verbandsgebiet Göttingen gibt es 28.600 ha Natura 2000 Gebiete (FFH und Vogelschutz). Davon sind ca. 12.200 ha ldw. Nutzfläche, betroffen

Allein im Vogelschutzgebiet V19 sind ca. 7.500 ha LN von dieser Maßnahme betroffen! Bei der Ausweisung der Gebiete, zu der die Grundstückseigentümer nicht gefragt wurden, wurde uns zugesichert, dass die Landwirtschaft nicht betroffen sei. Dies ist ein Wortbruch!

Auch die Kollegen im Eichsfeldkreis sind von erheblichen Vogelschutzgebieten betroffen, wie weit die Bewirtschaftung hier eingeschränkt wird, ist nicht absehbar…

Artenreiches Grünland, Streuobstwiesen und Trockenmauern sollen als Biotop unter den gesetzlichen Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes aufgenommen werden und ebenfalls mit Einschränkungen für den Pflanzenschutz belegt werden.

Die vom BMU geforderten festen 10 % Ausgleichsflächen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln kommen nicht. Dafür soll von Landwirten bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln eine Kompensation für die Biodiversität aus einem Katalog an Maßnahmen verlangt werden.

Ein nationales Verbot für die Anwendung von Glyphosat zum Ende der aktuell gültigen EU-Zulassung bis spätestens 31.12.2023.

Eine systematische Minderungsstrategie für Glyphosat ab 2020 mit Verboten und Teilverboten für den Einsatz bei der Stoppel-, Vorsaat- und Vorerntebehandlung, auf Grünland, im Wald, in Weihnachtsbaumkulturen, auf Gleisanlagen, in privaten Gärten und auf öffentlichen Parkflächen. Dies geht weit über geltende EU-Recht hinaus.

Einen Mindestabstand zu Gewässern von 10 Metern bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Diese Diskussion gab es vor einigen Jahren schon einmal, überraschend war damals unter anderem, dass nicht nur die dauerhaft wasserführenden Gräben gemeint waren.

Einen Abstand von 5 Metern, wenn die Abstandsfläche dauerhaft begrünt ist. (Was wird das sein? Wege, Gewässer, Hecken?)

All diese vorgesehenen Regelungen verunsichern zu Recht viele Landwirte und Grundeigentümer, auch wenn sie noch nicht beschlossen sind.

In diesem Kontext möchten wir Sie über einige Entwicklungen und Planungen auf dem Laufenden halten:

Grüne Kreuze

Angestoßen von einigen Agrarbloggern, den sogenannten „Graswurzlern“, verbreitete sich der Aufruf grüne Kreuze als Zeichen für stillen Protest aufzustellen, recht schnell im gesamten Land. Auch bei uns gibt es eine ganze Menge Grüne Kreuze im Gebiet. Dabei steht keine konkrete Forderung im Vordergrund, vielmehr ist es ein Symbol für die Masse an Problemen, die auf die Landwirtschaft einbrechen.
Die Grünen Kreuze haben erreicht, dass viele Menschen gerade während der Erntedankzeit auch außerhalb der Landwirtschaft darüber nachdenken, ob man die Bauern tatsächlich weiter mit Auflagen und Vorschriften so belasten kann, dass eine Landwirtschaft in unserer Region nicht mehr möglich ist.
Es ist ein guter Ansatz, keine plakativen Botschaften an die Kreuze hängen, sondern so darauf hinzuwirken, dass die Interessierten nachfragen, am besten beim Bauern selbst.
Ganz herzlichen Dank für die Unterstützung – Zum Erntedank wurde vielfach ausdrücklich den Landwirten gedankt und die Kirchgänger um Verständnis für die Nöte der Bauern gebeten.
Wir möchten in diesem Stil weitermachen: Betroffenheit sichtbar machen, für Sympathie werben, das Gespräch mit der Bevölkerung anbieten!

Bundesweite Großdemo am 22. Oktober in Bonn

Ermuntert von einer Schlepperdemonstration in den Niederlanden am 1. Oktober ist über die Facebook Gruppe „Land schafft Verbindung“ eine richtige deutschlandweite Bewegung innerhalb der Landwirtschaft entstanden. Eine Beteiligung der Verbände an diesen Aktivitäten ist nicht erwünscht. Selbstverständlich respektieren wir das, verstehen aber den Ärger und den Frust sehr gut. 
Bei der Demo in den Niederlanden wurden mit 2.000 Schleppern ca. 1.200 Kilometer Stau rund um Den Haag verursacht. Das mediale Interesse war entsprechend groß.
Die Facebook-Gruppe hat aktuell ca. 16.500 Mitglieder und wird von acht Administratoren in einem Organisationsteam koordiniert. Diese Gruppe plant und organisiert alle Aktivitäten.

Zentrale große Schlepperdemonstration mit Kundgebung
22. Oktober 2019 ab 11 Uhr in Bonn 

Aktuell ist für unseren Raum die Aktion in Hannover von Bedeutung:

Schlepperdemonstration
22. Oktober 2019 ab 11 Uhr in Hannover
Von Göttingen aus wird es einen Treckerkorso geben, der am frühen Morgen in Göttingen startet und die Veranstaltung in Hannover unterstützt. Interessierte melden sich bitte per Whatsapp direkt bei dem für Südniedersachsen zuständigen Organisator: Ulli Jerebic aus Langenholtensen 0171-9950475 

Von Northeim und Göttingen aus wird es eine gemeinsame Busreise nach Hannover geben. Den Bus koordinieren die Landvolkverbände,  Anmeldungen für Göttingen bitte bitte an info@landvolk-goe.de.
Oder Sie nutzen unser Kontaktformular: https://www.landvolk-goe.de/1910-bus-bonn/
Wir bestätigen die Anmeldungen dann direkt bei jedem einzelnen Teilnehmer.
Die Abfahrt ist um 7:0 in Rosdorf

 

Dazu noch einige Hintergrundinformationen:
Die Administratoren der Gruppe „Land schafft Verbindung“ haben ausdrücklich klar gestellt, dass die Demonstration ohne Beteiligung der Verbände von der Basis aus stattfinden soll. Wir respektieren das natürlich, unterstützen aber im Hintergrund organisatorisch.

Nach der hoffentlich erfolgreichen und friedlichen Demonstration müssen wir mit Politik und Gesellschaft wieder intensiver ins Gespräch kommen. Unser Präsident Rukwied hat deshalb bereits sehr früh Verständnis, vor allem aber auch Unterstützung für die Demo zugesichert.

Wir wünschen der Aktion trotzdem allen denkbaren Erfolg und hoffen, dass diese friedlich verläuft und den erwünschten öffentlichen Zuspruch findet. Wir stehen voll hinter dem Grundgedanken der Bewegung, deutlich zu machen, dass die Landwirtschaft eine bessere Wertschätzung braucht und bei der zunehmenden Verbotskultur die Zukunft nicht nur für die Bauern, sondern für die ganze Bevölkerung gefährdet ist. Denn wenn es keine Landwirtschaft mehr in Deutschland gibt, gibt es auch keine heimischen Lebensmittel mehr.