Gedanken zum Erntedank 2020

03.10.20 Gedanken zum Erntedank 2020

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Landwirtsfamilien,
alle Jahre wieder danken Landwirte gemeinsam mit unseren christlichen Kirchen für das erfolgreiche Einbringen der Ernte. Doch 2020 ging nicht nur oft der lange Blick zum Himmel mit der Frage „gibt es genug Regen“ – in diesem Jahr stand auch gerade die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern unter dem Einfluss der Corona-Pandemie.
Wie in jedem Jahr heißt das für mich auch in diesem Jahr kurz inne zu halten, zurück zu blicken und am Ende eines arbeitsreichen Sommers DANKE zu sagen für eine solide Ernte, die uns trotz aller Widrigkeiten wie Trockenheit und Coronavirus alles abverlangt hat.

Wir merken aber auch immer mehr, dass das Wohl unserer Betriebe von der Politik bestimmt wird. Mit den Wetterkapriolen leben wir schon seit Urzeiten, doch mit den heutigen politischen Vorgaben haben wir unsere Probleme, deshalb haben im vergangenen Jahr tausende von Bauern gegen Umwelt und Klimaschutzauflagen demonstriert und für mehr Anerkennung ihrer Arbeit geworben.

Auf der anderen Seite beklagen Umwelt-, Tier- und Verbraucherschützer Probleme beim Insekten und Grundwasserschutz und kritisieren durch Nichtwissen und verbreitete Halbwahrheiten die Haltungsbedingungen unserer Nutztiere.

Was ist passiert, warum werden wir Landwirte von der Politik so kritisch gesehen? Die von uns erzeugten Lebensmittel waren noch nie so sicher wie heute!

Im vergangenen Jahr habe ich an dieser Stelle das Spielchen mit den Gänseblümchen als Denkanstoß in die Runde geschrieben, geändert hat sich nichts. Vom Gänseblümchen auf Landwirte und Verbraucher zu kommen, ist nicht unbedingt naheliegend, doch ich meine es passt auf merkwürdige Weise immer noch gut:  „Er liebt mich – er liebt mich nicht“.

Augenblicklich stecken wir als Landwirtschaft in einer unglücklichen Beziehung mit dem Verbraucher und der Politik. Von Verbraucherseite wird gezweifelt und kritisiert, Politik läuft einem Mainstream hinterher und, um nicht anzuecken wird mit Verordnungen und Auflagen reagiert. Dieses ist von unseren landwirtschaftlich geführten Familienbetrieben nicht mehr zu Schultern, aber trotz allem wird eine gegenseitige Abhängigkeit erkannt. Wer blickt da noch durch?

Das Interesse der Verbraucher liegt heute nicht mehr auf dem Fokus Lebensmittelsicherheit, das heißt: Gesättigt sein, nein, die gesamte Produktionskette wird kritisch hinterfragt.
Wer, wenn nicht wir Bauern, wissen was für unsere Tiere das Beste ist. Jeder neue Stall trägt zu mehr Tierwohl bei.
Wer, wenn nicht wir Bauern, leben und arbeiten seit Generationen mit der Natur eng zusammen. Wir wollen unseren Boden, das höchste Gut das wir haben, in die nächste Generation weitergeben. Wer, wenn nicht wir Bauern, sind Sachverwalter und Fürsprecher der Natur.
Wer, wenn nicht wir Bauern, sind Teil eines Kreislaufes, der jedes Jahr endet und zugleich wieder neu beginnt.

Trotz aller Wetterkapriolen der letzten Jahre sind die Erträge, bei den meisten Getreidearten und Früchten, zufriedenstellend. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können sich auf die harte Arbeit der Landwirtsfamilien verlassen. „Wir sorgen dafür, dass die Regale in den Geschäften gut gefüllt sind.“

Das ist allen bewusst geworden, als im Frühjahr durch die Pandemie und den Lockdown auch die Frage nach ausreichender Versorgung mit Lebensmittel gestellt worden ist.

Der Verbraucher kann sich darauf verlassen, dass wir Landwirte Nahrungsmittel von hoher Qualität produzieren und die Bevölkerung mit regionalen Produkten versorgen. Auch die Versorgung in Krisenzeiten ist sichergestellt, damit sollten die Erwartungen der Verbraucher erfüllt sein. Das ist unser Job und das machen wir gerne!

Landwirtschaft bedeutet aber noch viel mehr: Bäuerliche Betriebe sind ein wichtiger und sich oftmals selbst erhaltender Wirtschaftszweig abseits der Ballungsgebiete. Sie sind modern und innovativ. Bauern schützen aktiv die Umwelt – sie fordern zurecht mehr Anerkennung für ihren Einsatz und ihre Leistung gerade auch beim Naturschutz mit dem Niedersächsischen Weg, statt immer neuer nicht mehr einzuhaltender Vorschriften wie bei der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung oder dem Dünge- und Nitratrecht. Die Interessen unserer Landwirtsfamilien müssten geschützt werden.

Landwirtschaft muss weiterhin Spaß machen und auskömmlich bleiben denn, sonst verlassen unsere Hofnachfolger unsere Betriebe – wollen wir das?

Unsere Landwirtsfamilien und die jungen Betriebsleiter sehen Ihren Beruf als Berufung, allen Widerständen zum Trotz. Sie lieben ihre Arbeit, versorgen die Tiere 365 Tage im Jahr und achten darauf, dass auf den Feldern gesundes Getreide heranwächst.

Lebensmittelsicherheit darf nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden, auch wenn wir im Lockdown immer wieder darauf hingewiesen wurden, dass die Versorgungssicherheit immer gegeben war. Die Produktion von Lebensmitteln und der Flächenverbrauch gehören in die Köpfe aller und da heißt es: Zuhören statt gleich wieder zu streiten.

Wir Bauernfamilien halten am Erntedank inne, blicken zurück und richten gleichzeitig den Blick nach vorn, indem wir unsere Äcker für das kommende Jahr bestellen und somit die Basis für eine hoffentlich gute Ernte 2021 legen, denn auch im Jahr 2021 wollen wir Danke sagen können.

Danke sage ich auch allen, die achtsam mit Lebensmitteln umgehen und die unseren Landwirtsfamilien Wertschätzung entgegenbringen.
Das Erntedankfest ist dafür eine gute Gelegenheit.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, wo immer sie das Erntedankfest feiern, einen schönen, besinnlichen, aber auch freudigen Tag.

Ihr Hubert Kellner
Vors. des Landvolk Göttingen
Kreisbauernverband​​​​​​ und Kreislandwirt

#ErnteDankBauern